Prokrastination bzw. Aufschieberitis hat jeder schon einmal. Hier erfährst du, was du tun kannst, damit es nicht an deinem Selbstbewusstsein frisst.

Prokrastination und Aufschieberitis

Den einen trifft es mehr den anderen weniger. Fakt ist, jeder von uns schiebt schon mal Dinge vor sich her. Vermutlich kennst du das auch.

Und genau diese Aufschieberitis nennt man Prokrastination. Sie beschreibt das Phänomen, dass wir im Prinzip genau wissen, was getan werden muss, es allerdings dennoch nicht erledigen. 

Prokrastinierer gehen aus dem Weg

Prokrastinierer schauen Fernsehen, sie surfen bei Facebook, WhatsApp oder auf andern Social Media Kanälen. Andere wiederum putzen die Wohnung oder das Auto und gehen einkaufen.

Um einer Aufgabe aus dem Weg zu gehen, ist ihnen jedes Mittel recht. Das heißt, sie finden jede Menge vermeintlich wichtigere Dinge, die sie statt der eigentlichen Aufgabe tun „müssen“ und die keinen Aufschub dulden.

Prokrastination Duden

Der Duden definiert Prokrastination als „das Verschieben, Aufschieben von anstehenden Aufgaben, Tätigkeiten“. Prokrastination stammt vom lateinischen procrastinare „vertagen“.

Prokrastination: Wer ist betroffen?

Menschen, die selbstbestimmt arbeiten, sind häufig von Prokrastination betroffen. 

Meister im Vertagen

Studenten und Schüler sind beispielsweise Meister im Vertagen und Aufschieben. Du erinnerst dich vermutlich. Wenn bei mir damals Prüfungen anstanden und ich eigentlich lernen sollte, habe ich stattdessen mein Auto oder die Wohnung geputzt - so oft wie nie zuvor oder danach ;-).

Gesellschaftsphänomen Aufschieberitis

Allerdings betrifft es nicht nur Schüler und Studenten. Das Phänomen der Aufschieberei zieht sich durch alle Gesellschaftsschichten.

Auch Lehrer, Journalisten, Anwälte, Unternehmer und Angestellte schieben gerne auf. Eine Fristverlängerung gehört schon fast automatisch zu jeden Projekt.

Prominente Beispiele finden wir auch in der Politik und öffentlichen Verwaltung: Die Berliner Morgenpost schrieb kürzlich über ein fragwürdiges Jubiläum des Airports: 2500 Tage liegt der ursprünglich geplante Eröffnungstermin mittlerweile zurück.

Aufschieben, etwas auf Eis legen oder vor sich herschieben scheint heute Gang und Gäbe zu sein. Selbst bei Verabredungen kannst du es zusehends mehr beobachten. Schließlich enden viele Gespräche heutzutage mit „Ja, dann telefonieren wir nochmal …“.

Welche Dinge schieben wir auf?

Es sind vor allem unliebsame Dinge, die wir aufschieben. Außerdem schieben wir die Sachen vor uns her, die langwierig und schwierig sind. 

Es sind Aufgaben, bei denen wir nicht genau wissen, wie wir sie lösen sollen oder womit wir am besten zuerst anfangen. 

Ein klassisches Beispiel bei den meisten Unternehmern und Angestellten aus meinem Bekanntenkreis ist die jährliche Steuererklärung.

Dabei ist sie im Prinzip in einem überschaubaren Zeitraum einfach gemacht und dennoch schieben viele Menschen diese Aktivität lange vor sich her.

Die einzige Person, die ich kenne, die schon Mitte Januar alles fertig hat, ist meine Steuerberaterin. Sie brennt allerdings auch für das Thema Steuern und da es ihr täglich Brot ist, geht’s ihr gewiss auch leichter von der Hand als dem Otto Normalbürger.

Gründe für Prokrastination

Im Gehirn eines Prokrastinierers

Wenn du wissen willst, wie es im Gehirn eines Prokrastinierers ausssieht und wodurch es sich von anderen unterscheidet, dann schau dir den TED Talk von Tim Urban an. Er beschreibt auf großartig amüsante Weise, wie ein Prokrastinierer tickt. Absolut sehenswert!  

Zweifel und Angst lassen uns prokrastinieren

Da Aufschieberitis allerdings im realen Leben nicht immer amüsant ist, schauen wir uns jetzt die Gründe dafür an. Sie sind mannigfaltig, dennoch lassen sie sich meistens auf Zweifel und Angst zurückführen. Denn die Zweifel an der eigenen Kompetenz hindern Menschen daran, mit einer schwierigen oder unliebsamen Sache anzufangen.

Hab ich das Zeug dazu?
Kann ich das überhaupt?
Kann ich das noch, nachdem ich’s so lange nicht mehr gemacht habe?
Bin ich noch auf der Höhe der Zeit?

Versagungsangst

Hinter den Zweifeln steckt oft die Angst zu versagen. Wenn ich’s nicht packe, muss ich mir eingestehen, dass ich gescheitert bin. Viele fürchten einen möglichen Gesichtsverlust. Sie könnten sich ja vor anderen blamieren.

Daraus resultiert die Angst, in der Vergleichsgruppe, bei Kollegen, Familie oder Freunden nicht mehr anschlussfähig zu sein. Und das Thema Zugehörigkeit ist ein ganz entscheidendes für Menschen.

Ulkigerweise ist es dabei irrelevant, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass sich derartige Befürchtungen in der Realität einstellen oder nicht. 

Die Ängste nagen vielmehr unterbewusst am Selbstbewusstsein. Sie torpedieren uns quasi von innen. Und das führt letztlich zu weiterer Aufschieberei.

Prokrastination Folgen

Durch das Aufschieben unliebsamer Tätigkeiten wird die Situation allerdings nicht besser. Denn die Folgen von Fristverlängerung und Vertagen sind unter anderem:

Zeitdruck hinten raus kurz vor Fertigstellung
Schlechtes Gewissen wegen der Aufschieberitis
Verlust an Selbstrespekt, wenn Zusagen und Termine nicht eingehalten werden.
Unschöner innerer Dialog „du taugst zu nichts“, „du kriegst aber auch gar nichts auf die Reihe“ und der gleichen, der dem Selbstwertgefühl schadet.

Prokrastination überwinden

Solange der Prokrastinierer sich in diesem Teufelskreis aus Versagungsangst und negativer innerer Kritik befindet, ist es schwierig, etwas an der Situation zu ändern. Deshalb sollte der erste Schritt sein, sich die Angst bewusst zu machen und dann das schlimmst mögliche Szenario einmal gedanklich durchzuspielen.

Angst bewusst machen

Ängste laufen gewöhnlich subtil im Unterbewusstsein ab. Um sie bewusst ans Tageslicht zu befördern, frage dich bei einer Aufgabe, die du vor dir herschiebst: 

  • Wovor habe ich Angst? oder weniger drastisch formuliert ...
  • Was an der Aufgabe flößt mir Respekt ein?

Worst Case Scenario durchspielen

Im Folgenden überlege jetzt, was denn schlimmstenfalls passieren kann, wenn du die Aufgabe nicht zu hundert Prozent lösen kannst?

  • Wie wahrscheinlich ist es, dass du an irgendeinem Punkt nicht weiterkommst?
  • Und dann? Wie wahrscheinlich ist es, dass du niemanden um Hilfe fragen kannst?
  • Ja, und was passiert, wenn du fragst?
  • Wie wahrscheinlich ist es, dass die anderen dich veralbern und weniger wertschätzen als vorher?
  • Um das Worst Case Scenario durchzuspielen, beantworte die Fragen alle auf einer Skala von 1 bis 10, wobei 1 = sehr unwahrscheinlich und 10 = sehr wahrscheinlich bedeutet.

Und? Lohnt sich Prokrastination?

Vermutlich geht es dir, wie vielen anderen Menschen auch: Nach dieser Worst Case Übung wirst du feststellen: Es ist gar nicht so schlimm. Das Aufschieben lohnt nicht und frisst nur unnötig Energie.

Viel wahrscheinlicher ist es, dass du erfolgreich sein wirst mit deinem Unterfangen. Und erfolgreich heißt in diesem Zusammenhang nicht perfekt. Schließlich ist „noch nie ein Meister vom Himmel gefallen“ und kein Mensch ist perfekt. 

7 Tipps gegen Aufschieberitis

Nachdem du dir deine Ängste bewusst gemacht hast, kannst du mit folgenden Tipps Schritt für Schritt die Aufschieberei bekämpfen, sobald sie dich wieder befällt.

Dazu stelle dir folgende Fragen bzw. schaffe die Voraussetzungen:

Fokus

Was ist das Wichtigste, das du heute tun kannst?

Anfangen

Welchen kleinstmöglichen Schritt dieser Aufgabe kannst du jetzt sofort erledigen? Dabei geht es primär darum, überhaupt einmal ins Handeln zu kommen. Denn nur durch „Tun“ unterbrichst du den Teufelskreis.

Schritt für Schritt

Nimm dir nicht zu viel vor, denn das erschlägt dich. Gehe lieber in kleinen Etappen, Schritt für Schritt Richtung Ziel. Wichtig ist, dass du jeden Tag einen noch so kleinen Schritt Richtung Ziel tust.

Ruhe

Beseitige alle Ablenkungen wie Smart Phone, WhatsApp, Facebook und andere Social Media Kanäle. Dazu gehören auch Klingeltöne am Handy oder die Pop-Up Benachrichtigungen deines E-Mail Programs. Schalte einfach alles aus, damit du konzentriert arbeiten kannst.

Ziele

Formuliere Ziele und Zwischenziele und belohne dich dafür, wenn du sie erreichst. Die Belohnung können Kleinigkeiten sein. Wichtig ist nur, dass du es würdigst, wenn du einen Schritt im „Aufschiebe-Projekt“ erledigt hast.

Checkliste

Mach dir eine Checkliste mit kleinen Aufgaben, die du nach der Erledigung abhaken kannst. Das Abhaken setzt Botenstoffe im Gehirn frei, die dich motivieren, dran zu bleiben.

Dran bleiben

Das Gesetz der Minimalkonstanz besagt, dass was auch immer du täglich mit minimalem zeitlichen Aufwand tust, langfristig die größten positiven Auswirkungen in deinem Leben hat. Also bleib dran und gib vor allem dann nicht auf, wenn du einen Rückschlag erleidest.

Was sonst noch hilft gegen Aufschieberitis

Je besser du dir deiner Talente und Stärken bewusst bist, desto weniger Versagungsangst wirst dich bei einer unliebsamen Aufgabe befallen. Viele Menschen kennen ihre Talente nicht bzw. sind sich ihrer Fähigkeiten häufig gar nicht bewusst.

Wenn du deine Talente, Stärken und Leidenschaften besser kennenlernen willst, dann lade dir mein kostenloses E-Book „Kompetenzen selbstbewusst nutzen“ herunter. Die Übungen darin kannst du selbst für dich und auch für deine Mitarbeiter nutzen.

Unzulänglichkeiten machen sympathisch

Und noch ein Tipp: Lass mal Fünfe gerade sein! Du kannst und musst nicht in allem perfekt sein. Im Gegenteil: Ecken und Kanten machen uns sympathisch. Fehler und Unzulänglichkeiten machen uns liebenswert.

Ein vermeintlich „perfekter Mensch“ wirkt unnahbar und kann in anderen das Gefühl auslösen, sich minderwertig zu fühlen.

Also nur Mut: Frage um Hilfe und gib offen zu, dass du bestimmte Dinge nicht weißt. Das gibt anderen die Möglichkeit, ein „Gutmensch“ zu sein, indem sie dir zeigen, wie es geht.

Fazit

Prokrastination ist gekennzeichnet durch das Vertagen, das Aufschieben, vom Beginn oder der Fertigstellung einer Aufgabe. 

Die Folge ist, dass das Ergebnis gar nicht oder nur unter Druck zustande kommt. Somit produziert Aufschieberitis Stress und führt häufig zu einem negativen inneren Dialog, der das Selbstbewusstsein belastet.

Der Grund für Prokrastination ist im Kern meist Versagungsangst, also die die Angst vor Misserfolg. Die führt dazu, dass Dinge nicht konsequent angegangen bzw. zu Ende geführt werden. 

Abhilfe schafft hier, strategisch vorzugehenDas bedeutet, mit einem klaren Ziel und konkreten Maßnahmen Schritt für Schritt die Veränderung einzuleiten. Eine glasklare Strategie ist die hohe Kunst des Selbstmanagements! 

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Dagmar Gerigk
Dagmar Gerigk

Dagmar ist Leadership Coach und Trainer sowie Expertin für New Work. Sie entwickelt starke Leader, die inspirierend führen - vor Ort, hybrid und digital auf Distanz. Resultat: Motivierte Teams und überproportionale Ergebnisse!