Digitale Führung war in den meisten Unternehmen bis zur Corona-Pandemie kein Thema. Als aber plötzlich quasi über Nacht große Teile der Belegschaft aus dem HomeOffice arbeitete, fielen die Lücken in punkto Digitalisierung sträflich auf. 

Bei Digitalisierung ist Deutschland Mittelmaß

Schließlich tut Deutschland sich in punkto Digitalisierung recht schwer. Im internationalen Vergleich sind wir mit Rang 17 eher digitales Mittelmaß. Das zeigt das aktuelle IMD World Digital Competitiveness Ranking 2019

Digitalisierung im internationalen Vergleich

So gut wir auch als Industrienation und Exportweltmeister sind, so mittelmäßig ist unsere Position in punkto Digitalisierung. Deutschland rangiert auf Rang 17 von insgesamt 63 betrachteten Nationen. 

Was obendrein noch viel schwerer wiegt ist die Tatsache, dass unsere  europäischen Nachbarn uns bei der digitalen Transformation weit voraus sind. Dazu zählen Schweden, Dänemark, die Schweiz, die Niederlande, Finnland und Norwegen. Dabei führt kein Weg vorbei an der Digitalisierung, wenn wir im internationalen Wettbewerb mithalten wollen.

Insofern ist das Positive an der Corona-Krise, dass sie uns ad hoc gezwungen hat, auf digitale Arbeitsformen umzusteigen. Und dabei spielte es keine Rolle, ob wir vorher schon Erfahrungen damit gesammelt haben oder nicht.

Digital Leadership ist gefragt

Obwohl die Digitalisierung zum aktuellen Zeitpunkt in vielen Unternehmen noch in den Kinderschuhen steckt, müssen Führungskräfte, Lehrer, Trainer, Coaches jetzt im Zuge der Corona-Maßnahmen spontan virtuell arbeiten. Doch nicht jedem fällt das gleichermaßen leicht.

Digital Natives und Digital Immigrants

Die heutige Arbeitswelt teilt sich in zwei Lager. Da sind auf der einen Seite die Digital Natives. Sie sind mit dem Internet und der digitalen Welt aufgewachsen und fühlen sich heimisch darin. 

Und auf der anderen Seite haben wir die Digital Immigrants. Das sind die Menschen, die grob vor 1980 geboren wurden und somit erst später in ihrem Leben mit digitalen Medien konfrontiert wurden. 

Während die Digital Natives unvoreingenommener an neue Programme und Angebote aus dem Netz herangehen, tun sich Digital Immigrants häufig schwerer damit. Schließlich sind sie ja auch jahrzehntelang von Microsoft Betaversionen gequält worden 😉

Worin Digital Immigrants den Digital Natives allerdings häufig etwas voraus haben, ist die Fähigkeit, im Netz zu recherchieren. Sie sind eher in der Lage, Fakten von Fake-News zu unterscheiden und Informationen aufzubereiten. 

Die Kunst als Führungskraft ist es nun, diese beiden Kompetenzen sinnvoll miteinander zu verknüpfen. Vor allen Dingen aktuell virtuell zu verknüpfen, denn viele Mitarbeiter sitzen Corona bedingt im HomeOffice

Digitale Führung passiert oftmals auf Distanz

Digital führen heißt, dass du deine Mitarbeiter auf Distanz, also ohne räumliche Nähe führst. Für viele stellt das eine besondere Herausforderung dar. Denn der kurze Dienstweg, der informelle Austausch in der Kaffeeecke oder ein spontanes Gespräch, um Fragen zu klären, sind dann nicht möglich.

Besonderheiten digitaler Teams

Geringe Kontakthäufigkeit, vor allem persönlich
Keine Möglichkeit spontaner Besprechungen
Einzelne Team-Mitglieder bleiben isoliert
Überwiegend virtuelle Kommunikation über E-Mail, Telefon, Videokonferenz, etc.
Erschwerte Leistungsbeurteilung der Team-Mitglieder durch die Führungskraft
Kaum informeller Informationsaustausch
Kompliziertere Abstimmungsprozedere mit mehr Potential für Missverständnisse

Für viele Menschen, die nicht gerade als Digital Natives geboren sind, gehört der physische 1:1 Kontakt selbstverständlich zum zwischenmenschlichen Kontakt dazu. Deshalb tun sie sich mit dem Thema digitale Führung häufig schwer.

Denn ihnen fehlt der persönliche Kontakt um kurz auf dem kleinen Dienstweg Dinge zu erklären oder zu zeigen. Oder aber sie sind mit der Technik nicht so versiert, als dass sie sie souverän anwenden könnten. Woher auch? Bislang funktionierte es  ja auch ohne. Auf hilfreiche digitale Tools und technische Voraussetzungen gehe ich später noch ein. 

Wichtig an dieser Stelle ist lediglich, dass ihr euch auf ein bis zwei einheitliche Kommunikationstools einigt. Wähle bewusst nicht zu viele aus, damit sich möglichst schnell eine Anwenderroutine einstellt. Denn darum geht es ja, dass jeder deiner Mitarbeiter mit dem Tool möglichst schnell vertraut ist.

Das Wichtigste ist dein digitales Mindset!

Beim digitalen Arbeiten helfen dir Tools und Infrastruktur nur insoweit, wie dein Mindset für digitales Führen bereit ist. Denn digitale Führung fängt zwischen deinen beiden Ohren an. Nämlich mit deiner inneren Einstellung.

Digitales Mindset

Glaubst du beispielsweise, dass man eine tragfähige Beziehung und eine vernünftige Konversation ohne physische Präsenz entwickeln kann? Oder tust du dich damit gedanklich noch schwer? Kannst du Vertrauen auf Distanz aufbauen, auch ohne direkten Blickkontakt?

Das Thema Mindset ist für die Teilnehmer unseres Leadership PraxisCoachings auch immer wieder erhellend. Denn sie lernen in dem Modul sehr viel über sich selbst, was direkte positive Auswirkungen auf ihr Führungsverhalten hat. 

Wenn das Mindset erst einmal klar ist, folgen viele Dinge fast wie von selbst. Dann fällt es dir leichter die fünf Kompetenzen digitaler Leader auszuleben.

5 Kernkompetenzen digitaler Führung

Vertrauen statt (zu viel) Kontrolle

Gewähre zunächst einen bedingungslosen Vertrauensvorschuss. Vertraue darauf, dass die Mitarbeitenden effektiv arbeiten, auch wenn du sie nicht siehst. Dann überlege, woran (außer an Anwesenheitszeit) du ihre Arbeitsleistung beurteilen kannst. Dadurch brauchst du sie nicht mehr ständig zu kontrollieren.

Rahmenbedingungen schaffen

Gerade im Falle von Remote-Arbeit ist es wichtig, Arbeitszeiten und Erholungsphasen festzulegen. Denn viele neigen dazu, im HomeOffice mehr zu arbeiten, als im Büro. Definiere wann die Mitarbeitenden erreichbar sein sollen und wann nicht Regelmäßigkeit bietet beiden Seiten Sicherheit.

Klare Absprachen und Konsequenzen

Woran werden Fortschritt oder das Ergebnis gemessen? Was gehört zum Projektrahmen dazu und was eben nicht? Über welches Medium wird was kommuniziert? Wie verhaltet ihr euch in Video-Konferenzen? Welche Konsequenzen hat es, wenn sich einer nicht an die Absprachen hält?

Regelmäßiger Informationsaustausch

Informationsaustausch und Interaktion müssen organisiert werden. Dabei solltest du alle einzelnen Beiträge wertschätzen. Rufe außerdem zwischendurch durchaus ohne jeglichen geschäftlichen Grund an. So schaffst du den Raum für den informellen Austausch, der sonst beiläufig in der Kaffeeecke passiert. 

Lob und Kritik konstruktiv handhaben

Wichtige Grundregel: Trenne stets Lob und Kritik, denn ansonsten machst du das Lob durch die Kritik wieder zunichte. Und dann versuche, Fehler nicht als Manko zu betrachten und zu tabuisieren, sondern nutze sie vielmehr als Inspirationsquelle: Was lernen wir daraus für’s nächste Mal?

Fürsorgepflicht wahren 

Ein Aspekt, der beim digitalen Führen noch wichtiger ist als offline ist deine Fürsorgepflicht. Denn wie schon oben bereits erwähnt, neigen viele Menschen dazu, im HomeOffice mehr zu arbeiten als sonst. Schließlich ist der Laptop mit den E-Mails immer zum Greifen nahe. 

Die Grenze zwischen Beruf und Privatleben verschwimmt immer mehr und nicht jedem gelingt es auf Anhieb, die nötige Selbstorganisation an den Tag zu legen. Hier bist du gefragt. 

Gib regelmäßig konstruktives Feedback - noch häufiger als wenn du in Präsenz führst. Schließlich ist es remote schwerer für die Mitarbeitenden einzuschätzen, wo sie stehen und ob sie den Anforderungen genügen. Durch Feedback schaffst du es, dass sie sich trotz physischer Distanz als Teil des Teams fühlen. Und das fördert die Kooperation untereinander.

Je besser die Vertrauensbasis und je klarer der Sinn einer Aufgabe, desto erfolgreicher wird es dir gelingen, digital zu führen. Es erfordert mehr strukturierte Organisation der gegenseitigen Kommunikation, als das der Fall ist, wenn Führungskraft und Mitarbeiter physisch an einem Ort sind. 

Damit digitales Arbeiten funktioniert

Technische Voraussetzungen für digitales Arbeiten

Die Voraussetzung für digitales Arbeiten ist selbstverständlich eine funktionierende Infrastruktur. Außerdem braucht's eine schnelle und stabile Internetverbindung sowohl auf Sender- als auch Empfängerseite.

Beides sollte mittlerweile in allen Firmen Gang und Gäbe sein. Denn wer zum aktuellen Zeitpunkt nicht über die technischen Voraussetzungen verfügt, dem fällt es gewiss schwer, Mitarbeiter ins HomeOffice zu schicken. Vor allem ist produktives Arbeiten dann nur bedingt möglich. 

Sofern deine Firma hier noch Lücken hat, sollte eine Top-Priorität aus der Corona-Krise sein, die technische Voraussetzung zu schaffen. Gehen wir im Weiteren davon aus, dass ihr über die wesentliche Infrastruktur verfügt. Hierzu schauen wir uns an, welche Tools euch jetzt bei der digitalen Arbeit unterstützen können.

Digitale Tools für kleines Budget

Glücklicherweise gibt es heutzutage jede Menge Tools, die uns das digitale Arbeiten erleichtern. Viele davon sind sogar für recht überschaubares Budget zu buchen. Außerdem bieten Sie meist eine Gratis-Variante zum Testen an. Mit der kannst du dich und dein Team über die erste Zeit der Corona-Quarantäne retten. 

Zoom Logo
Evernote Logo
Tello Logo

Einige Beispiele für bedienerfreundliche Tools sind Zoom für online Video-Konferenzen mit einfacher Bildschirmfreigabe für jeden Teilnehmer , Skype für Kommunikationstool für kostenlose Anrufe und Chats oder GoToMeeting für online Meetings und Konferenzen. Sie alle bieten die Möglichkeit in Ton und Bild miteinander zu kommunizieren. Sie sind sowohl für Windows als auch für Mac verfügbar und als Desktop wie mobile App erhältlich.

Hilfsmittel wie Trello Projektmanagement Software, Evernote für Text und Bildnotizen, Microsoft OneNote etc. können bei der strukturierten Kommunikation unterstützen, damit alle Beteiligten den Überblick behalten.

Diese Liste erhebt selbstverständlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie soll dir lediglich als Inspiration dienen. Ich persönlich habe sehr gute Erfahrungen mit Zoom, Evernote und Trello gemacht. Sie sind alle bedienerfreundlich und leicht zu lernen. Was allerdings für dich passend ist, musst du ausprobieren. Wichtig ist nur, dass du dich auf ein bis zwei Tools beschränkst, damit sie auch von allen genutzt werden.

Intensive Schulung ist Pflicht

Für alle Tools gilt: Intensive Schulung der Belegschaft ist der Schlüssel zum Erfolg. Schließlich musst du deinen Mitarbeitern die Hemmungen im Umgang damit nehmen. 

Hierbei solltest du dir nochmals die Struktur von Digital Natives und Digital Immigrants ins Gedächtnis rufen. Während die Erstgenannten vermutlich recht schnell und leicht auf neue Tool ansprechen werden, sind die Zweitgenannten landläufig eher etwas reservierter. 

Bei denen, die nicht so schnell neue Tools adaptieren, gilt es für dich als Führungskraft, ihre Ängste ernst zu nehmen und Schritt für Schritt abzubauen. 

FAZIT

Digitale Führung erfordert ein Umdenken in deinem Kopf als Führungskraft und in den Köpfen deiner Mitarbeiter. Ein digitales Mindset ist die Basis für digitale Leader-Kompetenzen. 

Kommunikation ist im virtuellen Umfeld noch wichtiger als offline. Und sie will tatsächlich organisiert sein, da sich auf Distanz keine beiläufigen Gespräch mehr ergeben. 

Damit du fit für New Work und moderne Führung bist, sind die ersten drei Module meines 7-wöchigen Leadership PraxisCoachings auch den Themen Mindset, digitale Führung und Delegieren auf Distanz gewidmet. Hier lernst du Schritt für Schritt das nötige Handwerkszeug.

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Dagmar Gerigk
Dagmar Gerigk

Dagmar ist Leadership Coach und Trainer sowie Expertin für New Work. Sie entwickelt starke Leader, die inspirierend führen - vor Ort, hybrid und digital auf Distanz. Resultat: Motivierte Teams und überproportionale Ergebnisse!